Autobiographie |
12. 1. 1870 in Rousínov bei Rakovník - 25. 9. 1924 in Senomaty in der Heimatgemeinde In der Welt bekannt als Carl (Karl) Burrian Ich war in Reval (heute Tallin). Ich ließ schriftlich melden, wo ich wohne und daß ich auf weitere Anweisungen warte. Daß es meine Pflicht war, den Direktor aufzusuchen und mich vorzustellen, dessen war ich mir ohne den geringsten Zweifel bewußt; aber mein praktischer Sinn sagte mir, daß das Unsinn gewesen wäre. Mein 22jähriger Kopf kalkulierte folgendermaßen: Wenn du dich dem Direktor vorstellst, dann entspinnt der neugierige Herr Gott weiß was für eine Unterhaltung, aus der es kein Entrinnen gibt und in deren Verlauf er notwendig erkennen muß, daß deine Kenntnisse der deutschen Sprache nicht nur nicht ausreichend sind für einen Tenor der Revaler Oper, sondern nicht einmal mit denen des russischen "Isvoschtschik" mithalten können, der gewohnheitsmäßig Analphabet ist... Du gehst dem Direktor also vorerst aus dem Weg, so lange, bis er dich auf der Probe singen hört, denn einzig darin liegt deine Erlösung: deine Stimme muß dich herausreißen! Dann wurde mir mitgeteilt, daß ich zur Saisoneröffnung den Troubadour singen würde. Ich atmete auf. Gerade diesen Part kannte ich noch aus der Schule, wenn ich auch nach den Brünner Tourneen vom Text keinen blassen Schimmer mehr hatte; praktisch gesehen war es einer der schon oft gesungenen. ...Ich kam zur Probe, verneigte mich höflich, sagte, daß ich Burian heiße, stellte mich in die Ecke und legte los. Es konnte sich an mich wenden, wer wollte, mehr als "ja ja", "nein nein" bekam keiner aus mir heraus – kurz, ich muß wie ein Idiot gewirkt haben, was ja bei meinem Tenorberuf nicht direkt auffällig sein mußte, oder aber wie ein jämmerlicher Wicht, was unter den gegebenen Umständen gleichfalls nicht verwunderte... …Gleich darauf folgte Lohengrin, mit dem ich mich den Revalern für immer ins Gedächtnis eingeschrieben habe und über den ein Kritiker in der "Revaler Zeitung" bemerkte: Gestern hat der Heilige Gral den jüngsten seiner Recken zu uns gesandt, damit er für die Ehre der Elsa von Brabant kämpft; er hat gesiegt und auch die Ehre unseres Theater erfochten... Noch bevor ich ausgeschlafen hatte, kam ein Angebot des berühmten Max Staegemann aus Leipzig, der mich vollkommen unbekannte junge Kraft in sein renommiertes Haus holen wollte. Ich unterzeichnete. Reval – Leipzig! Darin liegt eine gewisse Tragik des Widerspruchs... Prag, 15. März 1911, Foto: K. B. als Lohengrin | |
Literatur: Burian K.: Pamìti (Smetana, Praha, roèníky 1911 - 1912); Hradèanský J. V.: Komorní pìvec Karel Burian ve svých veršovaných dopisech (Graf. ústav L. Beneše, Èeský Brod, 193?); Hradèanský J. V.: Komorní pìvec Karel Burian ve svých veršovaných dopisech (Fr. A. Urbánek a synové, Praha, 1933); Burian E. F.: Karel Burian (Praha 1948); Novotný A.: Pìvecký portrét (Supraphon, Praha 1974); Wenig J.: Ema Destinová - Karel Burian (Supraphon, Praha, 1960); Nejedlý Z.: Dìjiny opery Národního divadla I.-II. (Praha, 1949); Rektorys A.: Naši operní pìvci, (Praha 1958); Èerný J.: Osmý den (Reflex, Praha, 6. 3. 2003)
Realisation: Boris Klepal, Übersetzung: Iris Kneissel |